Erfolgreicher Vertrieb ist agil!

Vertrieb ist in vielen Organisationen, insbesondere im B2B, ein eindimensional betrachteter Prozess. Vertriebsmitarbeiter stehen in der alleinigen Kundenverantwortung und Einzelkämpfer mit individuellen Zielvereinbarungen. Dieses Konzept stößt immer öfter an seine Grenzen, denn es übersieht die zunehmenden gegenseitigen Abhängigkeiten im Kontext des Vertriebserfolges. Zunehmende Transparenz im Markt reduziert den Informationsvorsprung des Kundenbetreuers, Kunden wissen durch zunehmende Professionalisierung ihres Beschaffungsprozesses oft genug mehr über den Markt und die Akteure als der Kollege im Verkauf. Somit wird die, für den erfolgreichen Verkauf so wichtige, frühe Einbindung in den Einkaufprozess durch das veränderte Einkaufsverhalten auf einem sehr späten und reaktiven Einfluss reduziert.

Vertriebsorganisationen müssen beweglich bleiben

Dann geht es nur noch um die Erfüllung bereits definierter Kriterien und Produkteigenschaften, an einen klassischen Verkauf über Produktvorteile und Argumentation ist kaum noch zu denken. Darüber hinaus geht alles sehr schnell, die zeitlichen Erwartungen steigen zunehmend, denn durch unsere ständige online Verfügbarkeit verlieren wir die Geduld für lange Antwortzeiten und komplizierte Angebotsprozesse. Verstärkend wirkt die Komplexität auf allen Seiten, Produkte und Lösungen werden immer vielfältiger und individueller. Die daraus resultierende notwendige Flexibilität überfordert den Vertrieb, insbesondere unsere Kollegen im Außendienst. Die Interaktion mit den Kunden wird immer schneller, detaillierter und digitaler noch dazu. Wie sollen Vertriebsorganisationen da beweglich genug bleiben, sich ständig anpassen zu können, mit dem Kunden individuell zu kommunizieren und mit den Entwicklungen im Markt, beim Kunden und intern mitzuhalten?

Agil denken im Kontext und interagierenden Systemen

In der viel zitierten VUCA -Welt (volatile, uncertain, complex, ambigous) muss Vertrieb neu gedacht werden. Die immer noch sehr individuell ausgerichtete Steuerung und die starren hierarchischen Organisationsformen werden keine Antworten auf die neuen Herausforderungen liefern. Es erfordert ein grundsätzliches denken in Kontexten und interagierenden Systemen. An die Stelle des linearen Vorgehens treten systemischen Denkweisen.

Diese Anforderungen haben in anderen Bereichen zur Entwicklung von agilen Methoden geführt, in denen kleine, selbstorganisierte Teams in ihrem Netzwerk agieren.

Agile Methoden auf den Vertrieb anzuwenden gibt uns einen Rahmen, der Lösungen auf die oben genannten Herausforderungen liefern kann. Im linearen Vorgehen neigen wir dazu jedes Angebot bis ins Detail zu durchdenken und auszuarbeiten, ähnlich wie man es früher in der Softwareentwicklung mit Anforderungskatalogen gemacht hat.

Fokussieren Sie die Nutzenorientierung

Folgen wir dem agilen Prinzip, dann orientieren wir uns mehr sogenannten Schlüsselergebnissen, die es zu erreichen gilt, im Vertrieb würden wir eher von Schlüsselbedürfnissen sprechen. Hier handelt es sich um ein generelleres Verständnis der Leistungszusage, nicht mehr um detaillierte Eigenschaften., folglich um die Orientierung am konkreten Kundennutzen, weniger an den Produkt- oder Leistungseigenschaften. Damit lösen wir uns vom Produkt und verändern das Angebot hin zu einem Versprechen zu Bedürfnisbefriedigung. Diese Entwicklung sehen grundsätzlich wir bereits in vielen Vertriebsorganisation, wenn von Kunden- und Nutzenorientierung gesprochen wird.

Entsprechend kommt dem Vertriebsmitarbeiter eine weitaus größere Bedeutung zu, als bisher. Er muss die notwendige Vertrauenswürdigkeit gegenüber dem Kunden verkörpern, der sich darauf verlassen kann, den zugesagten Nutzen zu erhalten. In Sinne SCRUM Methode würde man dem Vertriebsmitarbeiter die Rolle des Product Owner, besser ‚Added Value Owner‘ zusprechen. Er gibt einem virtuellen Team (und das ist neu) bezogen auf den Kunden oder die Lösung den Rahmen gibt, den Nutzen für den Kunden zu erbringen. Der Vertriebsmitarbeiter steht mit seiner Person als „Reputations-Scout“ zusammen mit der Leistung für die Erfüllung des Schlüsselbedürfnisses oder anders ausgedrückt des Leistungsversprechens.

Entwicklen Sie mit dem Kunden sein Bedürfnis und den Nutzen

Konkret übertragen führt das im Angebot dazu, dass mit dem Kunden gemeinsam ein Zielszenario beschrieben wird. Für viele sicher schwer vollstellbar, aber wenn Lösungen noch nicht genau feststehen, oder zu komplex sind, dann ist es konsequent agil, so vorzugehen. Wir sind also sehr nah an einer kompromisslosen Orientierung an den Kundenbedürfnissen, der Kundennutzen steht im zentralen Fokus und nicht die Produktleistung, sie ist nur Mittel zum Zweck.

Und wir sind mit diesem Vorgehen sehr nah am Kunden, verstehen und diskutieren seine Bedürfnisse sehr früh und anders, als es im reaktiven Vorgehen der Erfüllung von Bedarfskriterien der Fall ist.

Insbesondere bei technisch komplexen Problemen oder erklärungsbedürftigen Produkten erkennen wir, dass sich iterative Klärungsprozesse somit sehr gut aus der sehr schwierigen Angebotserstellung und Verhandlung in die Projekt- oder Lieferphase verlegen lassen. Damit kommt man zu kürzeren Verhandlungszyklen, schnelleren Entscheidungen und besseren Abschlüssen. Die Planbarkeit für beide Seiten wird verbessert ohne die Individualität der Lösung zu beinträchtigen oder gar einzuschränken. Unnötig lange, intensive und unklare Beauftragungssituationen werden so vermieden.

Integrieren Sie den Kunden in Ihr Denken und Ihre Teams

Im Vertrieb agile Methoden zu nutzen macht, auch aus Aspekten der Komplexität und Informationstiefe, sehr viel Sinn. Oft braucht es multifunktionale Teams, ein typisches Merkmal agiler Organisationen, um den Kunden adäquat zu verstehen und zu betreuen. In vielen Fällen nicht neu, dass Vertrieb, Innendienst, Produktmanagement, Produktion/ Leistungserbringung und ‚Market Intelligence in der Betreuung des Kunden zusammenwachsen. Nur tun sich die Beteiligten über Organisationgrenzen hinweg oft sehr schwer damit, hadern mit Verantwortungs- und Einflussverlust.

Um diese Vielfalt im Sinne der oben beschriebenen Anforderungen zu organisieren braucht es die erwähnten selbstorganisierten Teams am Kunden, in denen der Kundenverantwortliche die Verantwortung für die Zusage gegenüber dem Kunden übernimmt. Ihm obliegt somit die Ausrichtung auf den Kundennutzen, das orchestrieren des auf die verschiedenen Aufgaben spezialisierten Teams mit und für den Kunden. Und in diesen Teams fällt es ebenfalls leichter sich selbst zu organisieren, weil Sie autonom auf diese Kundenanforderung ausgerichtet sind. So wird z.B. auf die zunehmende Digitalisierung der Kundenschnittstelle einfach mit der Erweiterung des Client-Teams um den entsprechenden Kompetenzbereich reagiert. Client Teams sind für den Kunden da, haben folglich auch multiple direkte Verbindungen in die Kundenorganisation. Man könnte sogar so weit gehen, bewusst und aktiv mit den Kunden gemeinsam agile Teams organisationsübergreifend zu definieren und dauerhaft zusammen arbeiten zu lassen (z.B. an der Digitalisierung der Kundenschnittstelle).

Die Zwänge bisheriger Organsationen überwinden

Inwieweit Organisationen sich öffnen und verändern werden können, um Rahmenbedingungen herzustellen, die solche internen und externen Teams ermöglichen, wird einer der Erfolgsfaktoren für moderne Vertriebsorganisationen sein. Systeme wie Zielvereinbarungen und Führung im Vertrieb stehen dann vor tiefgreifenden Veränderungen. Es braucht dringend Antworten auf die komplexe, schnelle und transparente Welt im Markt und Organisationsformen, die auf schnelle Veränderungen reagieren können und mit der Digitalisierung Schritt halten. So gut die viel gelobten Individualisten im Verkauf etabliert und erfolgreich sind, so werden Sie dennoch zunehmend überfordert sein und ein gutes Netz aus Unterstützung brauchen.

Wir müssen beginnen, Vertrieb mehr denn je als eine integrierte Funktion des Systems „Unternehmen und Kunde“ zu verstehen. In vielen Fällen kennt man schon gemeinsame Produktentwicklung und Trend zur Individualisierung der Schlüsselbedürfnisse wird sich verstärken und weiter auf viele Produkte und Leistungen ausdehnen. Die Digitalisierung wird das zusätzlich verstärken, andere Arten der Kommunikation und Zusammenarbeit ermöglichen und hervorbringen, auf die sich Vertriebsorganisationen vorbereiten müssen. Die VUCA Welt verlangt nach neuem Denken. Agile Methoden liefern dazu Impulse und Lösungsmöglichkeiten.